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Borderline-Fachbegriffe

Hier sind die wichtigsten Borderline-spezifischen Fachbegriffe und einige Skills kurz erklärt:

Borderline-Fachbegriff

Erklärung

Borderline

Übersetzt: „Grenzlinie“ oder „Grenzgebiet“, wurde anfangs in den Zwischenbereich von seelischer Erkrankung (Psychose) und seelischer Gesundheitsstörung (Neurose) eingeordnet. Nach genauerer Erforschung wurde die Borderline-Persönlichkeitsstörung (oder „emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, Borderline-Typ“) als eine eigene Erkrankung anerkannt

Persönlichkeitsstörung

Bei diesen psychischen Störungen sind Merkmale der Persönlichkeit und des Verhaltens besonders ausgeprägt, unflexibel oder wenig angepasst

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

Typisch sind besonders stark ausgeprägte Gefühle, die schnell ausgelöst werden und schnell wechseln (Stimmungsschwankungen). Grund dafür ist eine genetische Emotionalität, die bei Borderline immer vorliegt (Bio-Soziale Theorie). In der DBT spricht man von einem Rennwagen mit den Bremsen von einem Kleinwagen: Die Gefühle rasen sofort los, kommen aber nur schwer wieder zum stehen

Bio-Soziale Theorie

Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Borderline-Persönlichkeitsstörung spielen biologische (Emotionalität) und soziale Faktoren eine Rolle. Anfangs zählten zu den sozialen Faktoren sehr belastende, traumatische oder mikro-traumatische Einflüsse; mittlerweile aber auch abwertende, besonders strenge, invalidierende oder vernachlässigende Einflüsse durch das soziale Umfeld (Entwicklungstrauma)

DBT

„Dialectical behavior therapy“, übersetzt „Dialektische Verhaltenstherapie“ oder „Dialektisch-Behaviorale Therapie“ eine speziell für die Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelte Verhaltenstherapie

DBT-S

DBT mit Schwerpunkt „Sucht“

DBT-E

DBT mit Schwerpunkt „Essstörung“

DBT-A

DBT für Adoleszente (Jugendliche)

DBT-ACES

DBT nach der Akutphase – „Accepting the Challenges of Exiting the System“, die Herausforderung annehmen, das Hilfesystem zu verlassen

Verhaltenstherapie

Spezielle Therapieform mit dem Ziel von Hilfe zur Selbsthilfe des Patienten. Ursachen und Entstehungsgeschichte der Probleme aufdecken und (funktionale) Methoden entwickeln, um diese zu überwinden. Die Grundidee ist, dass Problemverhalten erlernt wurden und wieder verlernt werden können, bzw. dass angemessenere Denk- und Verhaltensweisen erlernt werden können

Dialektik

In der DBT: scheinbare oder mögliche Gegensätze betrachten, um sie aufzulösen oder zu integrieren.
Quasi: „die Rückseite der Medaille betrachten“

Skill

Übersetzt „Fertigkeit“, eine funktionale Bewältigungsstrategie

Funktional

Nicht körperlich, psychisch oder sozial schädlich. Funktionale Strategien können kurzfristig unangenehm sein, erzielen jedoch langfristig eine Linderung von Problemverhalten und Leidensdruck

Dysfunktional

Kurz- und/oder langfristig schädlich. Dysfunktionale Verhaltensweisen haben oft kurzfristig angenehme(re) Folgen (z.B. Linderung von Leidensdruck), sind aber wenig nachhaltig. Auch werden so die auslösenden Probleme nicht gelöst, sondern eher verdrängt oder verstärkt und oft neue Probleme geschaffen (z.B. eine Abhängigkeit)

Validieren

Die subjektive Wahrnehmung des Gegenübers anerkennen (heißt nicht unbedingt zustimmen)

Abstinenz

Übersetzt „sich enthalten/fernhalten“, kein Konsum oder anderes Suchtverhalten

Frühwarnzeichen

Frühwarnzeichen für Anspannung oder Gefühle erkennen, z.B. Fäuste ballen bei Ärger/Wut, verschwitzte Hände bei Angst, Bein wippen bei Anspannung (können individuell sein)

Grundannahme

Eine tief im Unterbewusstsein verankerte Annahme über sich selbst, andere oder die Welt

Glaubenssatz

Ein unterbewusst ablaufender Handlungsimpuls, um eine Handlung entweder auszuführen oder zu unterlassen. Ein funktionaler Glaubenssatz wäre z.B. „Man sagt Bitte und Danke“, ein dysfunktionaler wäre z.B. „Ich bin nur etwas wert, wenn ich Leistung erbringe“

Schema-Aktivierung/Heimatfilm

Aktivierung bon vergangenen Erinnerungen von Erlebnissen, die der jetzigen Situation ähnlich scheinen. Dabei werden automatisch die Gefühle von damals aktiviert, auch wenn sie wohlmöglich nicht zu der jetzigen Situation passen

Diary Card

Ein Wochenprotokoll, in dem Symptome und Problemverhalten eingetragen werden (in der Regel eingestuft in 0-5). Zudem kann sie auch angenehme/unangenehme Ereignisse, „Neue Wege“, Therapiemotivation, Schlaf, Sport/Bewegung enthalten

Achtsamkeit

Den Augenblick wahrnehmen ohne zu bewerten. Achtsamkeit ist ein Grundpfeiler in der DBT. Skills funktionieren am Besten, wenn sie achtsam genutzt werden. Auch Frühwarnzeichen (oder bereits bestehende Symptome wie Anspannung) erkennt man so besser

Selbstwert

Bewertung von sich selbst und die Einstellung zu der eigenen Person. Ein stabiler Selbstwert setzt sich aus den vier Säulen „Selbstakzeptanz“, „Selbstvertrauen“, „soziale Fähigkeiten“ und „soziales Netz“ zusammen

Co-Abhängigkeit

Wenn Angehörige einem Suchterkrankten helfen wollen, dabei jedoch eigene Gefühle, Bedürfnisse, und Lebensinhalte vernachlässigen. Co-Abhängigkeit führt oft zu einer Aufrechterhaltung oder Verschlechterung der Abhängigkeit

Symptome

Erklärung

Anspannung

In der DBT unterteilt in 0-30% (entspannt), 30-70% (mittlere Anspannung) 70-100% (Hochanspannung)

Dissoziation

Auseinanderfallen psychischer Funktionen. Ein Schutzmechanismus des Körpers auf Gefahr, entsteht meistens aus hoher Anspannung. Je häufiger dieser Zustand auftritt, desto geringer wird die Schwelle

Dissoziation – Derealisation

Veränderung der Wahrnehmung der Umgebung

Dissoziation – Depersonalisation

Veränderung der Wahrnehmung des eigenen Körpers

Flashback

Gedankliches Wiedererleben von traumatischen Ereignissen, meistens ausgelöst durch einen Schlüsselreiz (Trigger). Dem Betroffenen kann es schwer fallen zwischen Flashback und Realität zu unterscheiden

Craving

Übersetzt „(starkes) Verlangen“, Begriff für „Suchtdruck“

Schwarz-Weiß-Denken (Dichotomes Denken)

In Extremen denken, „alles-oder-nichts“, „entweder-oder“

Selbstschädigung

Sich selbst, bewusst oder unbewusst körperlichen, psychischen oder sozialen Schaden zufügen

Hochrisikoverhalten

Dient dazu Ohnmachtsgefühle zu stabilisieren oder innere Leere zu füllen. Hierbei setzt sich der Betroffene sehr riskanten oder auch lebensbedrohlichen Situationen aus (z.B. sehr schnelles Auto fahren)

Parasuizidalität

Eine potenziell tödliche Handlung ohne suizidale Absicht, ist ein Ausdruck von Leidensdruck (Hilferuf)

Impulsivität

Automatisches Ausführen von Tätigkeiten oder Gedanken, ohne über die möglichen Konsequenzen nachzudenken. Auch der automatische Wechsel von unangenehmen Aufgaben zu angenehmeren Tätigkeiten oder Ablenkungen

Gefühle

Erklärung

VEIN

Ein Gefühlsprotokoll aus der DBT, um das momentane Gefühl zu identifizieren – Emotionale Verwundbarkeit, auslösendes Ereignis, Interpretation, emotionales Netz

VEIN-AHA

Nachdem das Gefühl identifiziert wurde wird abgeschätzt, ob es zu der Situation passt und in der Intensität angemessen ist –
Angemessen
Wenn es angemessen ist – Handeln
Wenn es unangemessen ist – Abschwächen

Anfälligkeitsfaktor / emotionale Verwundbarkeit

Auslöser oder Zustände, welche die Anfälligkeit für starke Gefühle heben. Z.B. schlechter/zu wenig Schlaf, Erschöpfung, Stress, Krankheitssymptome

Emotionales Netz

„Wahrnehmung, Gedanken, Körperreaktion und Handlungsimpuls“ eines jeweiligen Gefühls

Dem Gefühl entsprechend handeln

Wenn das Gefühl in der Situation und in der Intensität angemessen ist, sollte dem Handlungsimpuls nachgegangen werden

Das Gefühl abschwächen

Wenn das Gefühl nicht zu der Situation passt oder zu intensiv ist, sollte es abgeschwächt werden

Skills

Erklärung

Stresstoleranzskill

Fertigkeit zum Abschwächen von Hochanspannung

Skillskette

Stresstoleranzskills werden in der DBT als eine Skillskette angewendet. Die Skills haben eine feste Reihenfolge (um einen Automatismus zu entwickeln) und sind in der Intensität abfallend angeordnet

Notfallkoffer

Alle wichtigen Skills immer bei sich tragen! Individuelle Skills-Tasche zum beruhigen und ablenken bei Hochstress oder Craving

Entscheidung für den „neuen Weg“

Bewusste Entscheidung dafür, den alten Weg (dysfunktional) zu verlassen und sich auf den neuen unbekannten Weg (funktional) zu begeben

Innere Bereitschaft

Bereit zu sein, das zu tun, was gerade notwendig ist und die Dinge anzunehmen, wie sie sind. Die Entscheidung für den neuen Weg setzt eine starke innere Bereitschaft voraus

ABC-Gesund

Angenehme Gefühle sammeln, Bauen von Verantwortung, Chaos durch Plaung vorbeugen, Gymnastik und andere Bewegung, Essen und Trinken, Schlaf, Untersuchungen und Behandlungen von Krankheiten, Drogen und Alkohol vermeiden

Pro-Contra-Liste

Kurz- und langfristig positive und negative Folgen bedenken. Dysfunktionale Verhaltensweisen haben oft kurzfristig positive Folgen, aber sind langfristig schädlich

Realitätscheck

Überprüfen der Realität. Ein sehr vielfältiger Skill, z.B. bei Dissoziation/Flashbacks (im Augenblick verankern, Merkmale der Realität erkennen), in zwischenmenschlichen Interaktionen (z.B. „wie habe ich wirklich gehandelt? Hat das Gegenüber wirklich so reagiert? Was für Gründe könnte die Reaktion haben?“), bei der Erkennung von dysfunktionalen Glaubenssätzen oder Schema-Aktivierungen

Radikale Akzeptanz

Akzeptieren, was nicht zu verändern ist. Bedeutet nicht, dass man es gutheißt

Held des Alltags

Skill für schwierige Situationen – „Wie würde mein Held des Alltags in der Situation handeln?“

InSEL-Skill

Skill zum Aufbau des Selbstwertes, „schauen, was gerade gut für mich wäre“ – Innere Aufmerksamkeit, Selbstvalidierung, Experimentieren, eine gute Lösung finden

Fairer Blick

Skill zum Aufbau des Selbstwertes – Borderline Betroffene behandeln sich selbst oft schlechter als andere. Die eigenen Maßstäbe etwas aufweichen, den „fairen Blick“ auf sich selbst werfen.
„Wie würde jemand in meiner Situation und mit meinen Fähigkeiten handeln?“

3 Arten der Orientierung

Skill für soziale Interaktionen – Orientierung auf das Ziel, die Beziehung und die Selbstachtung

Vorsicht Falle

Skill bei Schema-Aktivierung – Hilft den „Heimatfilm“ zu erkennen und zu überprüfen, ob diese Gefühle zur jetzigen Situation passen

STOP-DENK

Bewusst „STOP!“ denken und sich aus der Situation zurückziehen, nicht impulsiv handeln!
Erst denken, dann handeln!

DBT-Skills zu Craving

Erklärung

Entwaffne Deinen Feind

Besser vorbereitet sein, die Wucht abfedern und „Gegengewichte“ aufbauen – Frühwarnzeichen und Auslöser erkennen, Suchtdruck benennen und mit „Gegenangriffen“ bekämpfen

3 mal A / Wellenreiten

Suchtdruck ist wie eine Welle: er kommt, wird stärker, erreicht die maximale Stärke und wird auch wieder abfallen – Den Kampf gegen den Suchtdruck Annehmen, Anfeuern (z.B. „ich habe es schon einmal geschafft“), Abreiten (Wellenreiten)

Urge Surfing + 5S

Übersetzung: Urge = Suchtdruck – Spüren, starken Satz (zur Akzeptanz des Suchtdrucks) formulieren, Stärke des Suchtdrucks einschätzen, Suchen der Welle, Surfen

Kluger Kopf

Der „kluge Kopf“ ist sich bewusst, dass er eine Abhängigkeit hat und entscheidet sich daher für die Abstinenz. gegenteil wären „Abhängiger Kopf“ und „verleugnender Kopf“ (z.B. „so schlimm ist es nicht“, „ich bin nicht mehr abhängig“)

Brücken zum Konsum abreißen

Sich den Zugang zum Suchtmittel schwerer machen, z.B. Suchtmittel und Trigger möglichst weit aus dem eigenen Zuhause verbannen, die Nummer des Dealers löschen, Freundes/Bekanntenkreis überprüfen

ASTREIN

Die passende Selbsthilfegruppe finden – Ansprüche und Befürchtungen, Selbsthilfegruppe finden, Termine machen und einhalten, Richtig entscheiden, Emotional verbinden und Interesse zeigen, Nachhaltig teilnehmen

Erfolgreich scheitern

Leider kann es trotz der Skills und Vorbereitung zu einem Rückfall kommen – bei diesem Skill wird versucht aus dem Fehler zu lernen und sich besser vorzubereiten.
Jedoch gilt: Sie sollten alles, wirklich alles tun, um einen Rückfall zu vermeiden!

Craving-Protokoll

Ein Wochenprotokoll für Suchtdruck – die Häufigkeit und Intensität wir notiert. So können mögliche Auslöser erkannt werden

Sollten Sie Fragen oder Ergänzungsvorschläge haben, wenden Sie sich gerne per E-Mail an: boose@borderline-network.de